Wer für längere Zeit nach Ägypten gehen möchte, muss sich über so einige Dinge bewusst sein. Ich sage immer: Danach schockiert einen gar nichts mehr. Die Uhren ticken hier anders. Was für uns gilt, gilt in Ägypten noch lange nicht. Stell dir vor, du nimmst all deine Gewohnheiten und drehst sie einfach komplett um. Vieles ist „Hä?!“ und einiges wunderschön. Wir lieben Ägypten, wir lieben die Sonne und die Leute. Das bringen wir schnell über die Lippen. Wir genießen die Leichtigkeit, das „Alles kann, nichts muss“ und dieses leichte Feeling von „1001 Nacht“.
Doch schauen wir direkt hin, um die Ecke, hinter die romantische Wüstenkulisse am roten Meer, dann entdecken wir, dass wir mit unserer deutschen Mentalität auffallen, anecken und vielleicht sogar zwischendurch verzweifeln. Wieso würden wir „Zuhause“ jemandem bei bestimmten Anforderungen an den Kopf fassen, uns in Ägypten jedoch darauf einlassen? Wieso sind wir oft in der Lage, unsere Prinzipien und Grenzen herunterzuschrauben, um uns einer Kultur anzupassen, die wir für uns selbst nicht 100% annehmen würden? Sind wir mal ehrlich: Wir sind Meister im Schönreden. Wir glauben daran, dass sich das mit der Zeit schon legen wird, dass es „besser“ wird. Das ist urinstinktmäßig unser Überlebensmodus. Vielleicht ist es jetzt gerade NOCH nicht perfekt, aber das wird schon. Was genau ist es, das wir an diesem Land und den Menschen so lieben? Wieso verfallen wir der ägyptischen Mentalität, wieso verzeihen wir großzügig, passen uns an und scheinen manchmal zu völlig anderen Menschen zu werden?