Course overview
Einheit 1: 1.2 Das Gesundheitssystem im Wandel – warum eHealth notwendig ist
Den Anforderungen, denen das Gesundheitssystem in Deutschland gerecht werden muss, nehmen immer mehr zu. Hierzu zählen unter anderem die Auswirkungen:
  • des demographischen Wandels und der Überalterung der Gesellschaft, die sich in einer darin bedingten Zunahme von multimorbiden und chronisch Kranken wiederspiegeln,
  • der Sicherstellung einer angemessenen Versorgung in ländlichen und urbanen Gebieten
  • des Mangels von Fachkräften im pflegerischen und medizinischen Bereich,
  • des rasanten medizinische Fortschritts und der damit verbundenen Kostensteigerungen
  • einer nachhaltigen Finanzierung für die Sicherstellung einer hochwertigen Gesundheitsversorgung. [12] 
Zudem sind mittels der derzeitigen „technischen Innovationen [auch] neue Möglichkeiten der medizinischen Versorgung“ [13] gegeben. Gerade durch den „Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien für alle beteiligten Akteure [… können] neue Perspektiven und […] innovative Möglichkeiten für den Umgang mit den gesundheitsrelevanten Daten und Informationen“ [14] geschaffen werden, die dann „unter dem Begriff E-Health subsummiert“ [15] werden können.  Im Jahr 2023 haben sich weitere Fortschritte in der Telematik ergeben, insbesondere durch den Ausbau der Telematikinfrastruktur (TI), die es ermöglicht, Gesundheitsdaten sicher zwischen Ärzten, Apotheken und Krankenhäusern zu übertragen, was zu einer besseren Vernetzung im Gesundheitssystem führt. [16]

Gesundheitstelematik oder auch eHealth umfasst die Erbringung von Leistungen im Gesundheitswesen, die unter Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien erbracht werden. Dabei kann es sich um Leistungen im Behandlungsprozess (z.B. elektronischer Arztbrief) oder im administrativen Bereich (z.B. Abrechnung des Krankenhauses mit der Krankenkasse) handeln. Die Bundesregierung hat 2023 durch das Krankenhauszukunftsgesetz und weitere Förderprogramme das Potenzial von E-Health-Technologien weiter vorangetrieben, um die Qualität und Effizienz in der Gesundheitsversorgung zu steigern. [17]

Die eHealth verfolgt dabei zwei wichtige Ziele:
 
  1. Verbesserung der medizinischen Versorgung bei gleichzeitiger
  2. Senkung der Kosten.
Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung mit immer älteren, teils chronisch und mehrfach erkrankten Menschen, der Landflucht und dem Ärztemangel in ländlichen Gebieten soll Gesundheitstelematik helfen, medizinische Leistungen aus den Bereichen Prävention, Behandlung und Rehabilitation allen Bürgern zugänglich zu machen, auch wenn der nächste Facharzt z.B. 50 km entfernt praktiziert. Auf das Thema Kosten und Nutzen der Gesundheitstelematik wird in Einheit 5 - Medizinische Nutzenbetrachtung weiter eingegangen. 2023 wurden zudem erste Schritte zur Digitalisierung der Pflegeversorgung unternommen, um den Fachkräftemangel in der Pflege durch den Einsatz von Telemedizin zu kompensieren. [17]

Ausgehend von diesen aktuellen Rahmenbedingungen und den damit verbundenen Entwicklungen können die bestehenden Strukturen des Gesundheitssystems in dieser Form nur in geringem Maße dazu beitragen den momentan gestellten Anforderungen an das Gesundheitswesen zufriedenstellend gerecht zu werden. Gerade bedingt durch die steigende Anzahl der morbiden Personen bei gleichzeitig „[zunehmenden Ärztemangel setzen viele Experte] Hoffnungen in telemedizinische Systeme, um den personellen [und strukturellen entstehenden] Versorgungslücken entgegenzuwirken.“ [18] Denn die mit den gesellschaftlichen Entwicklungen und Digitalisierung einhergehenden Veränderungen machen auch vor dem Gesundheitswesen nicht Halt. So nehmen auch hier die Informationstechnologien sowie die Digitalisierung und deren Auswirkungen eine immer wichtigere und zentralere Bedeutung ein. [19] Dies wird unter anderem „durch den Einsatz digitaler Technologien in Versorgungs- und Behandlungsprozessen“ [20] deutlich, denn bedingt durch die derzeitige Entwicklungen wird der Wunsch „nach verbesserten, aber auch (medizinisch wie ökonomisch) effizienteren Behandlungsmöglichkeiten“ [21] immer größer. Auch der verstärkte Einsatz digitaler Technologien im Behandlungsprozess, wie die flächendeckende Einführung elektronischer Patientenakten (ePA) im Jahr 2023, zeigt, dass das Gesundheitssystem zunehmend digital wird. [22]

Daher verspricht man sich gerade in der Gesundheitswirtschaft von dem „Einsatz elektronischer Geräte [… sowie der modernen] Informations- und Kommunikationstechnologien“ [23] eine kontinuierliche Verbesserung und Technologisierung der Arbeitsprozesse, da mittels dieser unter anderem ein schnellerer sowie „[unkomplizierter] Austausch von Daten […und] Zugriff auf Informationen“ [24] möglich ist. Somit können mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens vielfältige positive Nutzeneffekte einhergehen. [25] Im Jahr 2023 wurden diese Prozesse durch gesetzliche Maßnahmen weiter unterstützt, insbesondere durch die Stärkung der Interoperabilität zwischen unterschiedlichen IT-Systemen im Gesundheitswesen. [26]
 
Des Weiteren hat sich auch das Nutzerverhalten der Patienten geändert. So möchte der Gesundheitskonsument 4.0 die Möglichkeit haben „via Mobile Devices Kontakt zu Ärzten, Apothekern oder Krankenkassen aufnehmen [zu] können, sich per App von unterwegs [aus zu] informieren, Arzt-Termine per App [zu] organisieren und Rezepte, Krankschreibungen oder Anträge bequem vom Smartphone aus up- und downloaden“ [27]. Diesem Trend begegnete der Gesetzgeber 2023 mit dem Digitalgesetz, das die Einführung digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA) fördert, um die Gesundheitsversorgung patientenzentrierter zu gestalten. [26]

Aber nicht nur der Patient wünscht sich digitale und mobil nutzbare Anwendungsmöglichkeiten, sondern auch die jüngere Generation der Leistungserbringer steht diesem Trend offen gegenüber, denn sich versprechen sich hiervon eine Vereinfachung und Optimierung ihrer Arbeitsprozesse. [28] 

Zudem wurde die Funktionsfähigkeit telemedizinischer Anwendungen in den vergangenen Jahren durch zahlreiche evidenzbasierte Studien bestätigt. [29] Die Akzeptanz dieser Systeme variiert jedoch, je nach den beteiligten Gruppen und dem jeweiligen Kontext. Studien aus dem Jahr 2023 zeigen, dass die Akzeptanz sowohl bei Patienten als auch bei Leistungserbringern positiv ist, insbesondere wenn die Technologien als benutzerfreundlich und nützlich wahrgenommen werden. Trotz dieser positiven Entwicklungen bestehen weiterhin Bedenken in Bezug auf technologische Barrieren wie Datenschutz, Interoperabilität und Kompatibilität mit bestehenden Systemen. Um das Vertrauen und die Nutzung telemedizinischer Lösungen weiter zu fördern, bedarf es zusätzlicher Forschung, insbesondere zur Integration dieser Technologien in den täglichen Praxisablauf. [30]
 
  

[12] Elmer 2016, S. 7

[13] Lux 2019, S. 2

[14] Lux 2019, S. 2

[15] Lux 2019, S. 2

[19] vgl. Becka u.a. 2016

[20] Becka u.a. 2016, S. 12

[21] Becka u.a. 2016, S. 12

[24] Elmer 2016, S. 7

[27] Elmer 2016, S. 11 f.

[28] vgl. Elmer 2016, S. 11 f.