Die Teleneurologie ermöglicht die neurologische Diagnostik und Betreuung über räumliche Distanz hinweg, was insbesondere bei zeitkritischen und chronischen Erkrankungen von entscheidender Bedeutung ist.
Das prominenteste Anwendungsfeld ist die akute Schlaganfallversorgung. Über teleneurologische Netzwerke (in Deutschland z.B. TEMPiS in Bayern oder NEVAS) werden periphere Krankenhäuser ohne eigene neurologische Abteilung rund um die Uhr mit einem überregionalen Schlaganfallzentrum verbunden. Wenn ein Patient mit Schlaganfallverdacht eingeliefert wird, schaltet sich per Videokonferenz ein Neurologe aus dem Zentrum zu. Er kann den Patienten live klinisch untersuchen, die CT/MRT-Bilder beurteilen und das lokale Ärzteteam bei der Entscheidung über eine Lysetherapie anleiten. Dies stellt sicher, dass Patienten auch in ländlichen Regionen schnellstmöglich die bestmögliche Therapie erhalten [50].
Darüber hinaus gewinnt die Teleneurologie bei der Betreuung chronisch kranker Patienten an Bedeutung:
Bewegungsstörungen (z.B. Morbus Parkinson): Patienten können per Video von einem Spezialisten betreut werden, um die Medikation anzupassen. Zudem können Smartphone-Sensoren oder Wearables motorische Symptome wie Tremor oder Gangstörungen im Alltag objektiv erfassen.
Multiple Sklerose (MS): Digitale Apps (DiGAs) helfen Patienten, Symptome wie Fatigue oder kognitive Störungen zu tracken und Übungsprogramme durchzuführen.
Epilepsie: Telemedizinische Sprechstunden erleichtern die kontinuierliche Betreuung. Wearables zur Anfallsdetektion können die Sicherheit für Patienten erhöhen.

„Die Teleneurologie wird bisher vor allem bei der Akutversorgung von Schlaganfallopfern über telemedizinische Netze eingesetzt. Neurologische Fachärzte aus überregionalen Versorgungszentren führen Telekonsultationen bei Patienten in Krankenhäusern oder Regionen mit fehlender neurologischer Versorgung (Stroke Units) durch. Dabei werden von der anfragenden Seite zusammen mit dem radiologischen Bildmaterial (CT/MRT) zusätzliche Parameter generiert und im Netz zugänglich gemacht, die für die weitere differentialdiagnostische Abklärung entscheidend sind (Laborergebnisse, Vitalparameter und EKG-Befunde). Für die radiologische Diagnostik wird entweder die radiologische Vor-Ort-Diagnostik oder die teleradiologische Diagnostik eingesetzt“.
„Nach Erhalt aller therapierelevanten Befunde kann je nach Diagnose eine sofortige Therapie erfolgen (z.B. systemische Thrombolyse bei einem ischämischen Schlaganfall ohne hochgradigen Gefäßverschluss). Etablierte und initiierte und geplante Anwendungsgebiete der
Teleneurologie Versorgung akuter Schlaganfälle, Tele-Stroke-Units
Erweiterte Versorgung akuter neurologischer Erkranungen – Neuro-Akut-Units
Parkinson – ärztliche Videobegleitung (mvb – Medizinische Videobeobachtung)
Epilepsie-Studie: tele-epileptologische Beratung (Studie: ANNOTeM-EPI)
TeleepileptologieTelerehabilitation neurologischer Patiente
Teletherapie/-rehabilitaion: Ergotherapie, Logopädie, Neuropsychologie und Physiotherapie“
Die Musterberufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzte (MBO-), die die Sorgfalts- und Verhaltensstandards im Rahmen der Fernbehandlung regelt, dient in § 7 Abs. 4 der Musterberufsordnung als Rechtsgrundlage für die telemedizinische Therapie. Dort heißt es: "Ärzte dürfen die individuelle ärztliche Betreuung einschließlich der Beratung nicht ausschließlich über Druck- und Kommunikationsmedien erbringen. Es muss sichergestellt sein, dass ein Arzt den behandelten Patienten auch bei telemedizinischen Behandlungen unmittelbar erreichen kann. Dies bedeutet, dass jeder Patient direkt mit einem physisch anwesenden Arzt interagieren muss, aber auch über Print- und andere Medien eine vermittelnde Beratung erhalten kann, d.h. die Behandlung muss von anderen als physisch anwesenden Ärzten durchgeführt werden.