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Nachtaufnahmen
 beleuchteter Skylines und architektonischer Meisterwerke faszinieren den Betrachter. Für viele gehören sie zur Königsdiziplin in der Fotografie. Dabei ist es eigentlich gar nicht so schwierig, eine atemberaubende Nachtaufnahme zu erstellen. 


Städte bei Nacht sind atemberaubende Fotomotive

Wenn du ein paar Grundregeln beachtest und das im Kurs Gelernte umsetzt, dann werden auch dir bald atemberaubende Nachtaufnahmen und Langzeitbelichtungen gelingen! In dieser Fotoübung teile ich alle Tipps und Tricks für spektakuläre Nachtaufnahmen mit dir und gebe dir eine Schritt für Schritt Anleitung für beeindruckende Bilder. Ab sofort ist Schluss mit verwackelten, zu dunklen oder gar verrauschten Bildern.   


Du erinnerst dich vielleicht, dass ich die Lichter der Nacht schon ganz zu Beginn im Kapitel “Licht” beschrieben habe. Licht ist essenziell für gelungene Bilder. Bei Nachtaufnahmen gibt es wenig Umgebungslicht, dafür nutzen wir das Kunstlicht der Beleuchtung von Straßen und Gebäuden für unsere Bildgestaltung.


Viele Skylines oder Gebäude, die untertags ziemlich langweilig wirken, entfalten erst nach Sonnenuntergang und mit der richtigen Beleuchtung ihren wahren Zauber. 


Planung: 


Gerade wenn man auf Reisen ist, weiß man oft nicht genau, wo sich die besten Fotospots befinden und welche Gebäude sich besonders gut für schöne Nachtaufnahmen eignen.


Diesen Fotospot in Miami fand ich durch Recherche im Internet

Hier sind Google und die Bildersuche deine besten Freunde! Wenn ich eine Reise in eine Stadt plane, von der ich weiß, dass sie eine schöne Skyline hat, google ich als erstes nach den besten Fotolocations. Mittlerweile gibt es auch schon eigene Webseiten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die besten Fotoorte der Welt zusammenzutragen. Auch 
Pinterest eignet sich wunderbar, um nach schönen Fotostandpunkten und lohnenswerten Motiven zu stöbern.

Wenn du in Städten unterwegs bist, lohnt es sich auch oft, untertags die Augen offenzuhalten und nach geeigneten Motiven Ausschau zu halten. 

Besonders hilfreich ist es natürlich auch, wenn du vor Ort Bekannte hast, die dir ihre absoluten Geheimtipps verraten und dich im besten Fall auch dorthin bringen können. Manche tollen Fotospots liegen deutlich abseits der klassischen Touristentrampelpfade und sind oft schwer öffentlich erreichbar.

Übrigens, erkundige dich vorab, wie es mit dem öffentlichen Nahverkehr zu später Stunde aussieht. Ich habe wegen meines Bilderwahns schon im Dunkeln durch einen Wald stolpern müssen und in Sydney die letzte Fähre verpasst, was – gemessen an der Distanz – die teuerste Taxifahrt meines Lebens zur Folge hatte.

Fotografiere in der blauen Stunde:


Ein Tipp gleich vorweg: Warte nicht, bis es stockdunkel ist, sondern beginne gleich nach Sonnenuntergang mit deinem Shooting. Die attraktivste Zeit für Nachtaufnahmen ist die so genannte “Blaue Stunde”, damit ist der Zeitraum nach Sonnenuntergang gemeint, wenn die Sonne bereits unter dem Horizont steht und der Himmel sich tiefblau färbt. Leider dauert dieses Spektakel nur rund eine halbe Stunde, weshalb man die Aufnahme gut timen sollte.

 

Die blaue Stunde eignet sich hervorragend zum Fotografieren beleuchteter Städte

Ein Grund, warum die Blaue Stunde so gut wirkt, sind die Komplementärfarben. Du hast ja schon gelernt, dass bestimmte Farbkombinationen vom menschlichen Auge als sehr attraktiv wahrgenommen werden.


Ein perfektes Beispiel dafür ist eine beleuchtete Stadt in der blauen Stunde. Der tiefblaue Himmel und die gelb-orangen Lichter der Straßen ergeben einen Farbkontrast, der vom Betrachter als äußerst attraktiv wahrgenommen wird. Google einmal nach den Begriffen “Skyline Stadt Nacht” und schau dir die Ergebnisse der Bildersuche an. Du wirst merken, dass ein Großteil der Aufnahmen nicht in der tiefsten Nacht, sondern in der blauen Stunde entstanden sind.


 Learning #1 lautet also: Fotografiere in der blauen Stunde!


Ausrüstung:


Das Wichtigste für eine gelungene Nachtaufnahme ist deine Fotoausrüstung. Das heißt nicht, dass du eine sündteure Spiegelreflexkamera dein Eigen nennen musst, auch Kompaktkameras können mittlerweile tolle Fotos machen, wenn sich die wichtigsten Werte wie Blende, ISO und Verschlusszeit manuell einstellen lassen.

Nur auf das Handy solltest du dich bei Nachtaufnahmen nicht verlassen. Abgesehen davon, dass sich meistens keine manuellen Einstellungen vornehmen lassen, ist der Sensor zu klein und die Bilder werden nach der Aufnahme stark komprimiert. Daher ist dein Smartphone für qualitative Nachtaufnahmen ungeeignet.

Was das Objektiv angeht, hängt es vom Einsatzzweck ab, welche Brennweite geeignet ist. Wenn du hauptsächlich Skylines oder einzelne Gebäude bei Nacht fotografierst, benötigst du eher eine weitwinkelige Brennweite. Wer oft von Aussichtspunkten fotografiert oder Details ablichtet, nutzt wahrscheinlich eher ein leichtes Tele.

Dieses Foto entstand mit 60 mm auf APS-C, also einem leichten Tele!

Für mich persönlich hat sich mein Standardzoom mit einem Brennweitenbereich von 24- 70 mm (Vollformat) als ideales Objektiv herauskristallisiert. Damit bin ich hinsichtlich Brennweite flexibel und kann sowohl Gebäude als auch weiter entfernte Skylines fotografieren.

Die Lichtstärke des Objektivs ist bei Nachtaufnahmen irrrelevant, denn du fotografierst immer vom Stativ und mit einer tendenziell eher geschlossenen Blende. Eine Ausnahme stellt die Astrofotografie dar, die wir uns bei den fortgeschrittenen Fotoübungen näher ansehen. 

Apropos Stativ: Bei der Nachtfotografie ist ein Stativ natürlich unerlässlich, denn wir arbeiten mit langen Verschlusszeiten von mehreren Sekunden. Es ist unmöglich, solche Verschlusszeiten aus der Hand zu realisieren, daher muss die Kamera gut stabilisiert werden.

Ich habe dir im Abschnitt “Stative” schon erklärt, dass es wichtig ist, die Kamera am Stativ nicht mit der Hand, sondern mittels Fernauslöser auszulösen. Grund ist, dass du durch das Drücken am Auslöser das Bild verwackeln würdest, da es die Kamera in Schwingung versetzt. Alternativ kannst du natürlich auch den Selbstauslöser deiner Kamera mit einer Vorlaufzeit von 2-5 Sek verwenden. 

Langzeitbelichtungen saugen deine Akkus leer, daher solltest du auch immer einen Ersatzakku dabeihaben. Nichts ist schlimmer, als mit leerer Batterie vor dem perfekten Motiv zu stehen!

Einstellungen:

15 Sek, Blende 9, ISO 100

Natürlich gibt es für die richtigen Kameraeinstellungen bei Nachtaufnahmen kein Patentrezept. Die richtigen Settings sind immer abhängig von Wetter, Uhrzeit, Motiv und natürlich der Kamera sowie dem Objektiv.

Fakt ist, bei wenig Umgebungslicht müssen wir eine Langzeitbelichtung durchführen. Wie lange die Verschlusszeit sein muss, ist abhängig vom Motiv, dem vorhandenen Licht und der Idee des Fotografen. Bei manchen Motiven genügen wenige Sekunden, andere muss man minutenlang belichten, um ein ansprechendes Ergebnis zu erhalten. 

Da der interne Belichtungsmesser der Kamera bei wenig Licht gerne versagt, empfehle ich dir bei Nachtaufnahmen in jedem Fall den Modus “M”. So hast du volle Kontrolle über alle Funktionen deiner Kamera. 

Würdest du eine Nachtaufnahme im Automatikprogramm fotografieren, würde die Kamera beispielsweise denken “Oh, hier ist aber wenig Licht, ich mach mal die Blende auf, um das zu kompensieren”. Das wollen wir aber nicht, wenn wir wollen Tiefenschärfe und optimale Abbildungsqualität, daher wählen wir eine geschlossene Blende und passen die Belichtungszeit so an, dass dabei ein ordentlich belichtetes Bild herauskommt. 

Die geschlossene Blende hat noch einen weiteren Vorteil: ab einem Blendenwert von ca. 8 oder 9, verwandeln sich runde Lichtquellen auf dem Bild in Sterne. Je weiter die Blende geschlossen wird, desto stärker ausgeprägt sind normalerweise die Blendensterne (vgl. Abschnitt 9.2).

Durch die geschlossene Blende werden Laternen sternförmig abgebildet

Auch für den ISO- Wert solltest du die Automatik unbedingt deaktivieren, sonst würde die Kamera dir ziemlich abenteuerliche Werte vorschlagen. Für ein gutes Foto ist es aber wichtig, dass der ISO- Wert auf 100 gesetzt wird. So vermeidest du unschönes Bildrauschen und bekommst ein Foto in bestmöglicher Qualität. 

Du fotografierst ja sowieso am Stativ, ob die Belichtung jetzt 10 Sek dauert oder nur 2 ist deshalb ja egal. Eine Funktion, die du im Hinblick darauf unbedingt abschalten solltest, ist die Rauschreduzierung bei Langzeitbelichtung. Klingt ja im ersten Moment gut, aber was die Kamera in diesem Fall macht ist, dass die nach jedem Bild ein zweites schwarzes Bild anfertigt, um daraus das Rauschen herauszurechnen, das möglicherweise durch die Erwärmung des Sensors bei der langen Verschlusszeit entsteht. 

Das heißt, deine Belichtungszeit verdoppelt sich dadurch. Wenn du 30 Sekunden belichtest, musst du weitere 30 Sek, also insgesamt eine Minute warten, bis dein Foto fertig ist. Ich persönlich konnte durch diese Funktion keine deutliche Verbesserung meiner Fotos feststellen, fürchte aber eher das Verpassen eines guten Moments durch die lange Blockade der Kamera. Daher deaktiviere ich diese Einstellung im Menü. (vgl. Kapitel 3 Kamerakunde)

Die BULB- Funktion:

Bei normalen Spiegelreflex- oder Systemkameras kannst du bis zu 30 Sekunden über den normalen Auslöser bzw. den Selbstauslöser belichten. Möchtest du Belichtungszeiten jenseits der 30 Sekunden realisieren, brauchst du unbedingt einen Fernauslöser. So kannst du auslösen, einrasten und dann das Bild beliebig lang belichten, minutenlang, im Grunde sogar stundenlang. (Achtung Akku!) Solltest du so einen günstigen Auslöser wie ich benutzen, oder einen einfachen Funkauslöser, brauchst du noch ein Handy oder eine Stoppuhr, um die Zeit zu messen!

Ich muss gestehen, ich nutze die Bulb-Funktion selten. Manchmal kann man damit aber ziemlich coole Effekte generieren, z.B. Wasserflächen glätten oder einen Wischeffekt bei Wolken erzielen. Auch wenn es sehr dunkel ist, machen Belichtungszeiten von mehr als 30 Sekunden natürlich Sinn! Probiere es einfach aus und taste dich heran!

Bildgestaltung:

Achte auf Reflexionen in Pfützen für außergewöhnliche Bildgestaltung

Klassische Nachtaufnahmen sind toll, doch noch besser wirken neu inszenierte oder außergewöhnliche Motive. Bei Nachtaufnahmen eignen sich dazu am besten Reflexionen oder Spiegelungen. Nutze natürliche Quellen, wie einen Teich oder eine Pfütze, um tolle Effekte zu erzielen! Ein ziemlich geniales Stilmittel sind auch die Lichtspuren von Autos und anderen Verkehrsmitteln. Sie erzeugen Dynamik und machen aus einem faden Bild einen echten Hingucker! Wie du die Light-Trails fotografierst, zeige ich dir im nächsten Kapitel!


Zusammenfassend solltest du bei Nachtaufnahmen also folgende Punkte beachten:

      
  • besichtige den Fotostandpunkt möglichst vorab bei Tag
      
  • fotografiere in der blauen Stunde
      
  • nutze ein Stativ & deaktiviere (wenn vorhanden) den Bildstabilisator
      
  • verwende einen Fernauslöser oder den Selbstauslöser deiner Kamera
      
  • habe Ersatzakkus dabei
      
  • fotografiere im Modus “M” für volle Kontrolle
      
  • stelle einen niedrigen ISO- Wert ein (100)
      
  • deaktiviere Rauschreduzierung bei Langzeitbelichtung
      
  • Bei Spiegelreflexkameras kannst du die Spiegelvorauslösung aktivieren und eine Okkularabdeckung verwenden


Du benötigst: Kamera, Standardzoom Objektiv, Stativ, Fernauslöser, Ersatzakkus

Einstellungen: Modus “M”, Blende 11- 16, ISO 100/200. Verschlusszeit abhängig von der Lichtsituation vor Ort mehrere Sekunden bis Minuten. Bildstabilisator deaktivieren und bei Spiegelreflexkameras Spiegelvorauslösung aktivieren.