17: Mobil bleiben

Viele Betroffene berichten, dass ihr Fahrverbot für sie eine besonders schlimme Beschränkung darstellt. Sie  empfinden den Bewegungsspielraum durch das eigene Auto als eine persönliche Freiheit. Oft ist er aber auch eine Notwendigkeit. Wie kommt man zum Kilometer entfernten Supermarkt oder zur Arbeitsstelle, wenn man nicht mehr Autofahren oder ohne Probleme in ein öffentliches Verkehrsmittel steigen kann? 

Wir stellen Ihnen hier Lösungen vor, wie Sie die bestmögliche Bewegungsfreiheit im oder ohne Auto wiederherstellen können.

Warum wird meine Fahrtauglichkeit geprüft?

Bevor Sie Maßnahmen wie den Umbau eines Pkw angehen, muss klar sein, ob Sie überhaupt fahrtüchtig sind. Durch die körperlichen oder kognitiven Beeinträchtigungen nach dem Schlaganfall kann es für Sie selbst und andere Teilnehmende am Straßenverkehr gefährlich werden. Daher sollte fachärztlich geprüft werden, ob eine Fahreignung zum aktuellen Zeitpunkt besteht.

Gründe, die auch längere Zeit danach für eine Empfehlung gegen das Fahren sprechen:

• Lähmungen

• Orientierungsprobleme

• Konzentrationsstörungen

• Schwindel

• epileptische Anfälle 

• Persönlichkeitsveränderungen mit verminderter Selbsteinschätzung

• Einnahme von Medikamenten mit Nebenwirkungen wie einer eingeschränkten Reaktionsfähigkeit

💡Wenn Sie beruflich Fahrgäste transportieren oder einen Lkw führen, erhalten sie nach einem Schlaganfall in der Regel keine Fahrerlaubnis mehr. Die Leistungsdefizite und/oder das Rückfallrisiko sind zu hoch. In besonderen Fällen und nach medizinischer Beurteilung können Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrer hinters Steuer zurückkehren.💡

In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist ein Schlaganfall nicht meldepflichtig. Ob Sie in ein Fahrzeug steigen oder mit Umbaumaßnahmen für sicheres Fahren sorgen, liegt in Ihrer Verantwortung. Ihren Führerschein müssen Sie bei Erklärung der Fahruntauglichkeit nicht abgeben. Er wird auch nicht behördlich eingezogen. 

Von ärztlicher Seite besteht aber die Verpflichtung, Sie über die Risiken des Autofahrens nach einem Schlaganfall aufzuklären. Das wird dann in Ihrer Patientenakte festgehalten. 

Fahren Sie trotz Fahruntauglichkeit und verursachen Sie einen Unfall, kann es zu straf- und privatrechtlichen Konsequenzen kommen. Eventuell wird der Versicherungsschutz aufgehoben.

Nach einem Schlaganfall fährt man auf eigene Verantwortung Auto. (Foto: Skitterphoto | Pixabay)

Für die Rückkehr auf die Straße sind folgende Wege möglich:

• Vorbereitung auf das Autofahren in der Reha, Ergotherapie und im Simulator-Training

• Verkehrs-medizinisches Gutachten oder MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung) mit neuropsychologischer Untersuchung

• Fahrprobe und Fahrverhaltensprobe

• private Dokumentation aller Gutachten und Atteste (verkehrsmedizinisches, neuropsychologisches und augenärztliches Gutachten)

• behördliche Anerkennung aller Gutachten mit offizieller Erlaubnis bei der Führerscheinstelle

• technische Prüfung nach Umrüstung des Autos

Autoumbau für mehr Mobilität

Genau wie der Wohnraum kann auch jedes Auto auf Ihre individuellen Bedürfnisse ausgerichtet umgebaut und eingestellt werden. 💡Alle Veränderungen sollten in den Fahrzeugpapieren dokumentiert werden.💡

📚 Welche Möglichkeiten es gibt, erfahren Sie in diesem sehr ausführlichen Artikel über das Autofahren nach dem Schlaganfall. 

Es gibt Unternehmen, die sich auf den Fahrzeugumbau spezialisiert haben. Der ADAC stellt auf seiner Website eine Liste deutscher Unternehmen zur Verfügung. 📚

Voraussetzungen für die Förderung und Finanzierung von Umbaumaßnahmen

In jedem Fall ist es ratsam, die Anerkennung der Fahrtauglichkeit und Bezuschussung vor dem Umbau sicherzustellen.

Wer ist in Deutschland zuständig für die Finanzierung?

• Ich bin angestellt: Deutsche Rentenversicherung und anteilig die gesetzliche Unfallversicherung oder die Agentur für Arbeit.

• Ich bin selbstständig oder verbeamtet: Integrationsamt.

• Ich bin berentet mit einer Tätigkeit im Minijob oder Ehrenamt: Sozialamt. 

• In bestimmten Notlagen übernehmen Stiftungen eine Bezuschussung.

Ihre Chancen für eine Förderung oder einen Zuschuss stehen gut, wenn

• eine langfristige Behinderung vorliegt,

• Sie laut einem Gutachten selbst Auto fahren können oder gewährleisten können, dass jemand anderes für sie fährt,

• das Fahrzeug für den Weg zur Arbeitsstelle, zur Kundschaft oder zum Ausbildungsort benötigt wird.

Zuschüsse für die Anschaffung eines Neuwagens erhalten Sie, wenn

• Größe und Ausstattung an Ihre Bedürfnisse angepasst sind,

• weitere Umbaumaßnahmen mit verhältnismäßig geringem Aufwand durchgeführt werden können,

• beim Kauf eines Gebrauchtwagens, dessen Wert nicht unter 50 Prozent des Neuwerts liegt.

Zur optimalen Anpassung der Umbaumaßnahmen an Ihre Bedürfnisse sind drei Gutachten notwendig:

• medizinisches Gutachten

• Eignungsgutachten

• Gutachten nach § 11 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV)

💡Bei einigen Automarken bekommen Schwerbehinderte beim Kauf eines Neuwagens Rabatt. Außerdem kann Kfz-Steuer gespart werden, wenn das Auto auf die beeinträchtigte Person zugelassen ist.💡

Fahrdienste nutzen

Nicht allen Menschen steht nach einem Schlaganfall ein eigenes Auto zur Verfügung, um Arzttermine oder Therapiestunden, aber auch private Besuche wahrzunehmen. 

Für sie gibt es verschiedene Möglichkeiten, einen Fahrdienst in Anspruch zu nehmen. 

Fahrdienst als Alternative

Krankenfahrten

Von ärztlicher oder psychotherapeutischer Seite verordnete Fahrten zur ambulanten Behandlung oder Therapie durch einen Fahrdienst oder ein Taxi sind Krankenfahrten. Die Behandlung muss im Leistungskatalog der Krankenkasse aufgeführt sein. Termine, bei denen nur Verordnungen abgeholt oder Befunde besprochen werden, rechtfertigen keine Erstattung der Kosten, ebenso die Fahrt mit dem eigenen Auto. 

Für Fahrdienste zur Tagespflege ist die Pflegekasse Kostenträger.

Verordnet wird eine Krankenfahrt, wenn eine Schwerbehinderung, ein höherer Pflegegrad oder eine dauerhafte Mobilitätseinschränkung vorliegen.

Fahrdienste für private Fahrten

Damit Menschen Sie trotz eingeschränkter Mobilität Veranstaltungen oder Freunde besuchen können, stehen Ihnen Fahrdienste von karitativen Einrichtungen, Kirchenverbänden oder spezialisierten Unternehmen zur Verfügung. In einigen Kommunen bieten ehrenamtliche Begleitdienste diesen Service kostenlos an.

Für berentete Menschen mit einem Schwerbehindertenausweis kann auch der private Fahrdienst finanziert werden. In den unterschiedlichen Bundesländern oder Kantonen gelten verschiedene Regeln. Sind ein Auto und Angehörige mit Führerschein vorhanden, entfällt der Anspruch. Informieren Sie sich bei den zuständigen Sozialträgern. 

🚂 Mit der Bahn unterwegs

Wer gerne mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Zug fahren möchte, kann die Hilfsangebote der DB, ÖBB, SBB und der regionalen Verkehrsbetriebe nutzen. Auf den jeweiligen Webseiten finden Sie alle Informationen zum barrierefreien Reisen. Geben Sie dafür bei der Suche beispielsweise die Stichwörter „Deutsche Bahn barrierefrei” oder „BVG barrierefrei” ein. 🚂