Freilaufroutinen

Artikel von Madeleine Franck, erschienen in der SitzPlatzFuss 58

Im Freilauf kann der Hund selbstbestimmt Entscheidungen treffen, seine Bedürfnisse befriedigen, Spaß haben - gleichzeitig soll er ansprechbar bleiben, sich nicht zu weit entfernen, am besten von sich aus auf den Menschen achten. Routinen helfen dabei,
das unter einen Hut zu bekommen und den Spaziergang zur Qualitätszeit für Hund und Mensch zu machen.

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Gerade wenn es noch mehrere Baustellen und Trainingsziele auf dem Spaziergang gibt, macht es Sinn, die eigenen Routinen und die damit verknüpften Erwartungen des Hundes in bestimmten Situationen zu hinterfragen. Viele Hundebesitzer*innen verlangen beispielsweise, dass ihr Hund angeleint „bei Fuß“ neben ihnen läuft, bis er dann irgendwann in den Freilauf entlassen wird. Sie loben und belohnen die Leinenführigkeit und wenn die Leine ausgehakt wird, ist für den Hund die Übungsphase beendet und die große
Freiheit beginnt. Dass der Mensch dann zwischendurch Abruf üben möchte, kommt ihm beim Erkunden der Umgebung eher ungelegen.
Wenn das bei dir und deinem Hund auch so ist, probiere doch mal deine Routine umzudrehen: Streich das Leinenführigkeitstraining
und lass stattdessen deinen Hund an der Schleppleine seinen Weg wählen, schnüffeln und ungestört sein Ding machen. Richte dich
vollkommen nach seinen Bedürfnissen und sprich ihn erst an, wenn du ihn ableinen möchtest: Jetzt beginnt die gemeinsame Interaktion. Hake die Leine ab und belohne ihn sofort dafür, dass er mit seiner Aufmerksamkeit bei dir bleibt. Oder streu immer schon vor dem Ableinen eine Handvoll Leckerchen zum Suchen aus, damit er nicht direkt losrennt (simple Routine, große Wirkung).
Clicke und belohne danach ein paar Meter lang jeden Schritt, den er frei neben dir läuft - loben nicht vergessen! Wechsele dann schrittweise zu gemeinsamen Spielen mit mehr Action und Distanz zwischen euch, die aber alle mit vielen Belohnungen und Spaß verbunden sind.
Beende die Freilaufphase, indem du den Hund anleinst und ihm wieder die Entscheidung überträgst, was er tun möchte. „Frei“ hat er also angeleint. Auf diese Art wird es schnell zur Routine, dass er dir abgeleint seine Aufmerksamkeit schenkt und du ihm auch dabei mehr Selbstbestimmung ermöglichen kannst.


Ortsverknüpfte Spielideen
Hast du einen bestimmten Spazierweg, den du regelmäßig mehrfach pro Woche gehst? Prima, denn dort lassen sich Freilaufroutinen am besten etablieren. Nutze die Gegebenheiten der Strecke, um beispielsweise deinen Hund immer an der gleichen Stelle auf abgesägte Baumstümpfe hopsen zu lassen. Schicke ihn voraus zum ersten, dann zum nächsten Baumstumpf in Sichtweite, weiter zum übernächsten oder wieder zurück. Mit einem festen Ziel, bei dem dein Hund eine Belohnung erwartet, kannst du wunderbar Distanz zwischen euch aufbauen und trotzdem mit ihm in Verbindung bleiben. Nach ein paar Tagen wirst du wahrscheinlich feststellen, dass dein Hund an dieser Stelle im Wald (oder auch an anderen) von selbst nach Baumstümpfen Ausschau hält.
Gibt es keine Baumstümpfe, nutze andere Dinge, die sich zum Raufspringen eignen. Oder etabliere an einem festen Ort das Umrunden von Bäumen, denn das kannst du ebenfalls wunderbar mit Vorausschicken kombinieren. Beim Etablieren sinnvoller Freilaufroutinen geht es immer auch darum, Einfluss auf ortsverknüpfte Erregungszustände zu nehmen. Versuch deine Streckenplanung so zu gestalten, dass sich Action- und Rennspiele abwechseln mit Orten, an denen ihr einfach nur umherschlendert oder eine ruhige Aktivität stattfindet. Plane beispielsweise eine feste Pause auf dem Spaziergang ein, bei der dein Hund genug Zeit hat, um eine kleine Wiese oder eine Lichtung im Wald in Ruhe schnüffelnd zu erkunden.Probiere aus, vor jeder Wegkreuzung ein kurzes Abrufspiel zu machen, denn so wird sich dein Hund bald immer von selbst bei dir einfinden, bevor es unübersichtlich wird. Das 3-zu-1-Leckerchenspiel ist dafür eine schöne Option: Ruf deinen Hund her und belohne ihn mit drei Clicks plus jeweils besonders attraktiven Leckerlis nacheinander. Wirf ihm dann ein eher langweiliges Trockenfutterstück ein paar Meter aus, dem er hinterherjagen darf. Hat er es gefressen, folgt sofort wieder dein Abrufwort und drei Clicks plus Superleckerchen. Danach fliegt wieder ein Stück Trockenfutter und so weiter. Dieses Spiel eignet sich auch, falls dein Hund dazu tendiert, nach der Belohnung fürs Abrufen direkt wieder loszustürmen.
Du kannst die Rate auch auf 5-zu-1 erhöhen und solltest dir angewöhnen, nicht nur das Herkommen, sondern auch das in deiner Nähe bleiben mehr zu belohnen. Falls dein Hund Spaß an Zerrspielen hat, könntest du den Rückruf mit Spielen belohnen und anschließend eine kurze Leckerchensuchrunde veranstalten.
Falls es auf deinem Spaziergang eine Stelle mit Nadelbäumen gibt, ist die Tannenzapfen-Suche eine passende Spielidee. Starte damit, das Suchen und Apportieren oder Anzeigen eines einzelnen, von dir angefassten Zapfens zu üben und erhöhe schrittweise den Schwierigkeitsgrad, indem du „deinen“ Zapfen zwischen vielen Zapfen versteckst. Auch hier kannst du Distanz einbauen, indem
du den Hund erst in kurzer und dann immer größerer Entfernung warten lässt, während du den Zapfen auslegst und danach entsprechend weit zum Suchen vorschickst.